Sooo, bin hier mal wieder ziemlich spät dran. Möchte aber trotzdem meinen Senf dazugeben. Ich hoffe, ich kann mit Eurem Tempo auch weiterhin mithalten (drei Kapitel pro Woche?).
Also ich denke, Margaret ist in Tante Shaws Haus mitnichten Edith gleichgestellt. Sie hat da eher die Position einer bezahlten Gesellschafterin inne (nur dass Aunt Shaw ein richtiges Schnäppchen gemacht hat, indem sie eine gleichaltrige Verwandte dafür einsetzt, die kein jährliches Salär von ihr verlangt, sondern eigentlich nur Kost, Logis und Kleidung braucht…). Dafür sprechen Margarets Rolle bei den Hochzeitsvorbereitungen („… where she herself had had to play the part of Figaro, and was wanted everywhere at one and the same time.“) und ihr faktischer Rausschmiss aus dem Hause Shaw nach Ediths Hochzeit. Mr. Hale mag ja die Vorteile für Margaret gesehen haben, als er sie als Kind nach London brachte: sie wird zusammen mit Edith eine gehobene Erziehung genießen und Kontakte zur Londoner Gesellschaft haben, beides Dinge, die Mr. Hale ihr hätte nie bieten können, schon gar nicht in der Helstoner Prärie.
Andererseits scheint niemand auf die Idee zu kommen, auch für Margaret einen passenden Ehemann zu finden, solange sie dazu noch Gelegenheit hat, sprich in London wohnt. Aber vielleicht war es Gaskell wie auch ihren Lesern damals auch ohne viele Worte klar, dass eine junge Frau ohne jegliches nennenswertes Vermögen nicht wirklich eine Chance auf dem gehobenen Heiratsmarkt hat.
Und da kommt Henry ins Spiel. Ich finde, er ist in den ersten drei Kapiteln nach Margaret die mit Abstand interessanteste Figur. Möglich, dass er nicht wirklich eine vermögende Frau braucht und deshalb Margaret trotz fehlender Finanzen interessant, attraktiv, wie auch immer, findet/finden darf. Möglich, dass er einfach Scharfsinnigkeit/besseren Geschmack beweist, als er die beiden Cousinen bei den Vorbereitungen zum verspäteten Dinner für Cpt. Lennox beobachtet, und eindeutig Margaret Edith bevorzugt. Er ist sich in jedem Fall aber Margarets Verwandtschaft mit den Beresfords bewusst („The living is evidently as small as she said. It seems strange, for the Beresfords belong to a good family.“). Vielleicht ist er auch einfach auf der Suche nach einem Schuss guter, alter, angesehener englischer Familie für den eigenen Stammbaum….
Das bringt mich auf eine Frage: Lady Beresford ist doch sicherlich die Frau von im Kapitel 2 erwähnten Sir John, oder? Diese Lady Beresford hat ja Dixon eingestellt als Zofe für die „pretty Miss Beresfords“, also die späteren Mrs. Hale und Aunt Shaw. Diese beiden jungen Damen sind nun aber Sir John’s „wards“. Die beiden Mädels sind also Sir Johns Mündel? Er ist also ihr Vormund? In jedem Fall nicht ihr Vater? Sind Mrs. Hale und Mrs. Shaw dann eigentlich gar nicht mit den Beresfords blutsverwandt?
Na, wie auch immer, ich finde es klasse, dass Gaskell das Kapitel Henry Lennox nicht einfach abgeschlossen, sondern alles offen gelassen hat, indem sie ihn sich weiterhin Hoffnungen auf Margaret machen lässt …
So ist für JT im ganzen späteren Verlauf der Story noch gar nichts in Sack und Tüten. Immerhin scheint Henry bis zuletzt die gesellschaftlich passendere Partie für Margaret zu sein, zumindest für Gaskells zeitgenössische Leser…
Schön, mit Euch hier Gedanken austauschen zu können.
Ich lese das Buch jetzt viel intensiver als beim ersten Mal. Das mag wohl daran liegen, dass ich es mir von Juliet Stevenson vorlesen lasse (:supercool: ) und durch die von ihr gesetzten Betonungen manche Zeile nun ganz anders sehe, eine andere Bedeutung beimesse.
:Schaf: