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Mill overseer & Richards Schmusekätzchen |
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Registriert: 02.05.2006, 16:14 Beiträge: 17470 Wohnort: Mannem
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doris-anglophil hat geschrieben: Die Schwierigkeit, die ganze Sache zu beurteilen, liegt bei mir vor allem darin, dass wir nur ein paar Stunden im Eheleben der Millers gezeigt bekommen haben. Es wurde fast nichts darüber bekannt, was früher war, wie es früher war, wie soll man da eine einzige Krisensituation einschätzen? Es gibt Frauen, die wären in so einer häuslichen Umgebung vielleicht sogar happy gewesen. Alles möglich.Wir wissen nicht, ist sie bereits depressiv gewesen und dann kam erst das kubistisch-minimalistische Haus, oder haben sie vorher schon dort gewohnt? Eigentlich wissen wir viel zu wenig. War Joe schon immer auf die etwas andere Spielart beim Sex aus oder erst seit kurzen? Null Ahnung! Warum hatte Juliet keinen Beruf, keine Freunde, keine Hobbies - wenn sie nicht hat arbeiten müssen, weil der Gatte Geld wie Heu verdient, dann hätte sie sich ja wenigstens ehrenamtlich irgendwo engagieren können, oder in einen Sportverein gehen oder wenigstens einem gottverdammten Bridgeclub beitreten können. Vielleicht wäre sie dann nie depressiv geworden. Die Sache lässt bei längerem Nachdenken so viele Fragen offen. Joe war ein liebevoller Vater, er hat an dem Abend auf der Treppe geweint. Warum? Weil er gemerkt hat, dass Juliet ihn belügt und ganz offensichtlich auch betrügt? War er so enttäuscht von ihr, dass er sie zusätzlich "bestrafen" wollte durch den halbwegs aufgezwungenen Analverkehr? War er deswegen so wütend, dass er auf die Matratze geschlagen hat, weil sie zunächst nicht wollte? Aus sexuellem Frust heraus oder aus Leid über ihren Vertrauensbruch ihm gegenüber? Was wissen wir darüber? Nichts, oder? Ich bin weit davon entfernt, Joe von aller Schuld reinwaschen zu wollen, er hat sicherlich kein glanzvolles Bild im Schlafzimmer abgegeben, aber er war nicht nur und ausschließlich ein Bösewicht. Was hat ihn geleitet? Auch er muss Gründe gehabt haben. Und Juliet war ebenso kein Engel, Depris hin oder her. Vor allem - trotz einer Art Affekthandlung letztendlich: Sie geht seelenruhig die Treppe hinunter, mit der Vaseline in der Hand, zieht sich Schuhe und Mantel an und lässt die dreizehnjährige Tochter allein mit dem halbtoten Vater! Hallo? Und war noch so geistesgegenwärtig, den Notruf anzurufen. Problematisch ist auch, dass einige Dinge ja sachlich falsch dargestellt wurden. Das Nicht-Intubieren von Joe aufgrund einer Anweisung eines DCIs... lächerlich, kein Notarzt hätte sich in der Situation dies vorschreiben lassen. Juliets Vernehmungen, das Fehlverhalten von DI Sexton, sie nicht auf ihre psychische Verfassung zu untersuchen, keinen psychologischen Gutachter einzuschalten, späterhin dieses beständige Implizieren von Juliets Anwältin Jack, sie sei missbraucht worden, bis hin zum Schluss die Sache mit dem Baby, das ihr weggenommen wird. Alle diese Dinge waren schlicht und ergreifend nicht der Realität entsprechend. Nun gut, dafür waren die schauspielerischen Leistungen einfach genial, das muss man ohne Wenn und Aber zugeben. Und teils waren auch die Zustände im Frauen-Knast sehr gut dargestellt... man hatte wirklich Beklemmungen, wenn man sich das angesehen hat. Die Nebenhandlungen waren teils nicht uninteressant, witzig war vor allem, wie uns der Drehbuchautor durch die Sache mit den Drogendealern erst einmal bewusst ein wenig aufs Glatteis geführt hat. Und dann das Polizisten-Ehepaar Sexton. War es im Prinzip nicht ähnlich wie bei Joe und Juliet? Er sagt, wie lange sie die Beine hoch gelagert lassen muss, er will ihr ständig und unmissverständlich seinen Standpunkt im Fall Miller klarmachen... er dominierte sie auch, aber anders als Juliet hat Flo das einfach nicht zugelassen und ihn am Ende verlassen, obwohl sie da endlich schwanger von ihm war. Jack hatte bei einem Gespräch einmal ein Foto von Juliet aus dem Urlaub gezeigt, also ist davon auszugehen, dass die Ehe der Millers durchaus einmal harmonisch abgelaufen sein dürfte. Ein Kind haben sie auch, daraus kann man ja schließen, dass es irgendwann einmal vaginalen ehelichen Verkehr gegeben haben muss. Warum hat sich das gewandelt? Durch Juliets Depressionen? Was hat das in Joe bewirkt? Hat es sich überhaupt völlig gewandelt, oder war die anale Variante zunächst nur eine abwechslungsreiche Spielart zusätzlich? Auch das wissen wir so genau nicht. Klar scheint nur, dass es in der jüngeren Vergangenheit keinen herkömmlichen ehelichen Verkehr gegeben haben muss, da Joe als Kindesvater ausschied und somit eben nur Dominic Rose in Frage kam. Wobei ich dabei mit der Rolle von Juliet auch nicht so recht klarkomme. Wie bereits im vorigen Beitrag von HT gesagt, ganz nachvollziehbar ist es nicht gerade. Gute Fragen, Doris! Die habe ich mir auch die ganze Zeit gestellt. Das Haus war natürlich furchtbar. Ich habe im ersten Augenblick schon gedacht, "was ist denn das für eine unnatürliche Kulisse"? Da war mir noch nicht klar, daß das auch so furchtbar wirken sollte. Wenn das Haus wirklich seine Idee war, wie Juliet sagte, muss sie sich schon von Anfang an ziemlich dominieren gelassen haben, ich hätte mich nicht in so einen Kasten stecken lassen, ganz egal wie viel Kohle der Gatte heimbringt. Aber vielleicht sind sie wirklich erst in späteren Jahren dorthin gezogen. Joe wird ja nicht schon von Anfang an so einen Riesenverdienst gehabt haben, daß sie sich das gleich hätten leisten können. Und nach dem Foto zu urteilen, das Jack Juliet im Gefängnis gezeigt hat, war sie ja nicht immer so depressiv. Vielleicht hat sich das ja alles etwas hochgeschaukelt? Juliet war am Anfang wohl nicht depressiv, hat sich dem (schon von Berufs wegen) dominanteren Joe aber wohl untergeordnet. Über Juliets Hintergrund haben wir ja, glaube ich, nichts erfahren? Vielleicht hat sie sich ihm immer schon etwas unterlegen gefühlt? Als sie dann (offenbar auch wegen des seltsamen Hauses) zunehmend depressiver wurde, hat Joe wohl immer mehr seine Kontrollsucht ausgelebt. Insgesamt betrachtet finde ich, daß Juliet mit einem Strafmaß von 5 Jahren bei möglicher Bewährung nach 2,5 Jahren sehr gut weggekommen ist. Ich habe ihr nämlich die Selbstmord-Theorie nicht so ganz abgekauft. Die diversen sachlichen Fehler sind mir auch aufgefallen. Mir kam vor allem komisch vor, daß Juliet - noch nicht mal auf Veranlassung ihrer offenbar so engagierten Anwältin - psychiatrisch untersucht worden ist, und zwar möglichst unmittelbar nach der Tat. Davon, dass sie offenbar dringend behandlungsbedürftig war, mal ganz abgesehen. Was mir aber total unglaubwürdig vorkam, war, daß offenbar bis zur Verhandlung keinem einzigen Menschen aufgefallen ist, daß alles Blut am Nachthemd auf ihrem Rücken war. Einen derart schlampig ermittelten Tathergang habe ich noch nicht gesehen! Und selbst DI Sexton sollte doch klar sein, daß ein Geständnis auch nur ein Indiz ist und tunlichst durch weitere Beweise untermauert werden sollte, statt seine und die Karriere seines Chefs durch ein derart blödsinniges Beharren auf einem Geständnis zu ruinieren. Wirklich leid getan hat mir DCI Faber, der sich aus falscher Loyalität zu einem Meineid verleiten ließ und damit demnächst selbst gut die nächste Hauptperson in Criminial Justice sein könnte. Etwas makaber fand ich, daß Joe Ella ausgerechnet "P&P" hören ließ (später lief es ja sogar im Fernsehen). Nicht ganz klar war mir dabei auch seine Aussage, mit der er ihr die Kopfhörer gab: "Will you wear these tonight? It keeps her awake."
_________________ I am in the Charybdis of passion, and must perforce circle and circle ever nearer round the fatal centre.
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