Laudine hat geschrieben:
Ich glaube, Du machst auf einen wichtigen Punkt hinsichtlich der Fragen, ob nicht A und C das tragische Liebespaar sind, und warum viele eher mit JS leiden, aufmerksam.
An sich sind die, die sich lieben, aber nicht zueinander kommen können, die tragischen Gestalten, mit denen man mitleidet. Bei SH geht das aber nicht auf, weil der Film in der Gegenwart und in der westlichen Welt spielt. Viele heutige Autorinnen und Autoren versetzen ihre Geschichten ja gerade deshalb in die Vergangenheit, weil dort stärkere und unüberwindbare ständische, religiöse, ethnische etc. Grenzen wirklich tragische Konstellationen ermöglichen. In Gegenwartshandlungen funktioniert das nur noch in Ausnahmefällen und in SH meines Erachtens nicht, denn A und C könnten heiraten (das Aufgebot war ja sogar bestellt); A muss nicht bis an sein Lebensende bei seiner Ehefrau bleiben; C muss nicht J heiraten. Und auch A's Vater müsste nicht bei seiner Frau bleiben, die ihrerseits eigentlich auch nicht an ihm festhalten muß, wo doch ihr Hund ihr bester Freund war.
Es fehlt also die wirkliche Tragik, die uns mitleiden lässt.
Und ich gebe zu, auch J muss nicht C heiraten. Da er es aber augenscheinlich
aus emotionalen Gründen tut, wie problematisch das auch sein mag, und sich damit von den anderen unterscheidet, erscheint er vielen am ehesten als tragische Gestalt, die dann auch tatsächlich ein Stück weit mit J mitleiden (und nicht nur mit RA).
Natürlich ist die erste Reaktion, man fast sich an den Kopf und fragt sich, wie kann er nur so dumm sein und sein Haus (das so schön im brit. Equivalent zum Gelsenkirchener Barock eingerichtet ist
) verkaufen und eine Frau heiraten, die einen anderen liebt und nur am Geld interessiert ist, um sich ihren Wunsch zu erfüllen.
Nur, John ist schüchtern, er ist einsam und er liebt sie wirklich.
Da mir die Situation selbst leider nur zu bekannt ist (schüchtern, einsam, unglücklich verliebt) bin ich mal in mich gegangen und habe ehrlich nachgedacht.
Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich nicht ausschließen könnte ähnlich zu handeln. Vielleicht mag ich ihn deshalb, weil ich es in mancher Situation aus vollem Herzen nachfühlen konnte, wie er gefühlt haben muss.
Was Andrew und Carol angeht: Ich glaube ein Teil ihrer Zuneigung beruhte darauf, dass die Eltern den jeweils anderen abgelehnt haben. Ob sie so happy mit einander geworden wären, wenn der Reiz wegfällt, ist eine andere Frage. Auch wenn man sich die beiden charakterlich ansieht. Er ist eher intellektuell, spielt lieber auf Sicherheit und ist feige. Sie ist impulsiv, unbeherrscht und eher der praktische Typ. Ich denke, wenn bei den beiden eheliche Normalität eingezogen wäre, wär sie wohl schnell von ihrem Mann frustriert.
Außerdem, wenn Andrew so an ihr hängt, wieso heiratet er dann eine andere bzw. lässt sich überhaupt mit einer anderen ein? Er wurde ja schließlich nicht mit vorgehaltener Waffe gezwungen.