Ich erspare euch (zunächst einmal) das gesamte Drumherum, werde dazu aber später noch Dinge posten (im GB-Thread vermutlich) und gehe ziemlich schnell in Medias Res:
Vom Gruppen-Lunch in der Panton Street waren es ja nur ein paar wenige Schritte am Haymarket entlang bis zum Theater. Bei ekligem Regenwetter hasteten wir also dorthin und mussten im knapp bemessenen, plüschigen Foyer noch ein wenig auf den Einlass warten.
Dann durften wir, nach Vorzeigen unserer Bestätigungs-Mails, ein Stückchen weiter in das Innere des Royal Haymarket vorrücken und wurden im unteren Foyer noch einmal für ein paar Minuten auf Warteposition gehalten.
Dann erfolgte der Einlass, freie Platzwahl. Ich begab mich mit ein paar anderen auf die rechte Seite des Zuschauerraums und fand in der zweiten Reihe rechts außen einen schönen Platz mit freiem Blick auf die Bühne.
Diese war selbstverständlich bereits kulissen-mäßig für die Abendvorstellung von „On the Waterfront“ hergerichtet, allerdings war in der Mitte der leicht ansteigenden Bühne ein barocker Stuhl und ein kleines Beistell-Tischchen platziert, beides gut und hell ausgeleuchtet. Auf dem Tisch stand ein Glas und zwei kleine Fläschchen Mineralwasser.
Es war noch recht unruhig im Auditorium, es wurde viel geschwatzt und ich denke, daran machte sich die Aufgeregtheit der Zuschauer überwiegend weiblichen Geschlechts fest.
Mit ca. zehnminütiger Verspätung kam die Verantwortliche für Masterclass des Theaters, Holly, auf die Bühne und kündigte mit ein paar einleitenden Worten den „Master“ dieses Nachmittages an.
Ordentlich beklatscht vom Publikum kam ER dann von der linken Seite (immer vom Zuschauer aus gesehen) auf die Bühne.
Er trug keine Brille, einen hellgrauen Anzug, ebenfalls graue Socken, braune, handgefertigte Schuhe (er hat zu große Füße, als dass er einfach so in einen Schuhladen spazieren kann und dort was kauft), ein weißes, sehr fein gestreiftes Hemd, das am Kragen recht ordentlich offenstand!
In BEIDEN Händen hielt er eine Tasse Kaffee (normale Größe, mit Untertasse), blickte kurz zu Boden (ach, ein absolutes „No-go“ im Theaterfach!), lächelte unsicher und dann kam sein BAFTA-„Hello“, wobei er sich hinsetzte.
Bild mit großem Dank an Jane/DarcyliciousEr nahm einen Schluck Kaffee, blickte in die Runde, hielt sich aber weiterhin an der Kaffeetasse fest. Dadurch wurde seine Nervosität und Unsicherheit deutlich, er nahm es, um sich daran festzuhalten, aber auch, durch die Art, wie er die Tasse hielt, um eine unsichtbare Barriere zwischen sich und den Leuten aufzubauen. Das Signal war psychologisch kaum zu missdeuten.
Dann fing er an, ein paar biografische Daten preiszugeben, die selbstverständlich für unsereins rein gar nichts Neues enthielten.
Für andere Leute unter den Zuschauer mag sich das natürlich anders dargestellt haben, das möchte ich nicht in Abrede stellen.
Er redete nicht einmal drei Minuten und bat dann mit recht bittendem, fast verzweifeltem Blick um ganz, ganz viele Fragen.
Es herrschte so dieser erste Moment des Schweigens, so eine Mischung zwischen Verlegenheit und Gespanntheit, dann kamen die ersten Meldungen im Publikum. Diesen wandte sich MM konzentriert zu, meist mit einem „Yes, please“, das – wenn er es zu mir gesagt hätte jedenfalls – einen zu einer Pfütze zusammenschmelzen lässt.
Er hat dann auch die Tasse beiseite gestellt, da er plötzlich sehr fokussiert auf die Fragen und den Fragenden war, und seine Antworten mit Gesten (Handporn) unterstrich. Allerdings fummelte er sich sehr oft im Gesicht (Kinn, Wange) herum, drehte fast unentwegt seinen Ehering, zupfte ganz oft an seiner Hose im Bereich der Kniekehle, biss sich sehr oft auf die Lippen und zog wohl an die hundert Mal in sehr sexy Manier seine linke Augenbraue nach oben. Alles weiterhin deutliche Zeichen von Unsicherheit und Nervosität.
Alles in allem gab er zwei Stunden lang großartige Charakterstudien von sich selbst, es war ein Fest ihm zuzuschauen, da er nicht in einer Rolle auf der Bühne stand, sondern sich als
er selbst präsentierte. Ein sehr großer Unterschied übrigens zu seiner Souveränität und Präsenz in einem Stück.
Er erweckte (meinen Eindrücken nach) im Großen und Ganzen folgenden Eindruck:
Ein zu Anfang schüchterner, nervöser Mann, der aber eine gewaltige Präsenz hat, der sanftmütig, großzügig und rücksichtsvoll ist. Wenn er sich nach und nach zu öffnen beginnt, was nach einer Weile am Freitag deutlich der Fall war, dann entdeckt man in dieser Muschelschale eine Perle von großem Wert, von großer Schönheit und großem Glanz.
Er ist jemand, der sehr großes komödiantisches Talent hat, der sehr lustig ist, und der auch nicht vor „bad words“ oder deftigen Witzen zurückscheut, wenn es denn abgebracht ist. Und er liebt es zu lachen!
Allein das zu entdecken, war schon die Reise wert!
Ich habe fast die ganzen zwei Stunden über mit heruntergeklappter Kinnlade da gehockt und war nicht ein einziges Mal fähig, eine meiner Fragen anzubringen! Ich hatte den fettesten Kloß der Welt im Hals und mein Herzschlag war so auf Hochfrequenz, dass ich dachte, er müsste dort oben hören, wie laut es schlug.
Mit ganz vielen seiner Antworten bin ich sofort konform gegangen (sofern es Bereich betraf, wo sein und mein Beruf sich miteinander deckten, was – eine tolle Erfahrung – ziemlich oft der Fall war). Viele Fragen hätte ich ganz genauso beantwortet.
So – dank der vielen Beiträge all derer, die am Freitag mit waren, bin ich nun in der glücklichen Lage, sehr viele der Fragen und seine Antworten nachfolgend zusammenstellen zu können. Antworten MMs immer in Kursivdruck, zur besseren Unterscheidung!
Über „Pride & Prejudice“ und Mr. Darcy:„Es war zuerst nicht so einfach, die Rolle zu bekommen. Ich habe vorgesprochen, dann nochmal, dann rief Joe Wright mich an, um mir zu sagen, dass es gut aussehen würde, dann plötzlich hieß es, die Rolle würde an jemand anderen gehen, dann wiederum habe ich die Schnauze voll gehabt, habe angerufen und gesagt: ‚Okay, lass es, gebt die Rolle einem anderen, das ist mir zu sehr Hick-Hack ohne Ende.’ Und plötzlich hatte ich die Zusage, obwohl eine Dame bei Universal Pictures vehement gegen mich gewesen war (‚Der? Nur über meine Leiche!’).
Ich habe nichts von der vorherigen BBC-Version gesehen und deswegen auch nicht so recht verstanden, warum jeder daher fragte, was ich denn anders zu machen gedächte als CF. Ich war echt konfus und habe ein paar Journalisten ziemlich barsche Antworten gegeben, was nicht nett von mir war. Ich bedaure das, denn ich sehe nun, was dahinter steckte, welche große Sache das war, und wie viel Wind um Mr. Darcy gemacht wurde. Die Verantwortung, dies nicht in die Scheiße (Original-Zitat „not to f*** it up“)
zu reiten, war ziemlich groß. Heute würde ich es viel mehr genießen, es lockerer angehen und mich nicht so sehr mehr aus der Ruhe bringen lassen.
Ein Kostüm, egal, ob es nun Frack und Breeches oder Uniform oder andere Klamotten sind, ist unglaublich hilfreich für eine Rolle. Man sitzt gleich ganz anders da, präsentiert sich nicht mehr als Privatperson.“
Über seine Zukunft, seine Ambitionen, sein Fortkommen:„Wo ich mich in zwanzig oder dreißig Jahren sehe? Hoffentlich auf der Bühne oder vor der Kamera, arbeitend. Ich habe beim Dreh von ‚Little Dorrit’ einen Schauspiel-Kollegen (Robert Hardy) getroffen, der war an die neunzig Jahre alt. Topfit, der konnte seinen Text besser als wir alle zusammen. So etwas finde ich toll. Und man kann, das ist das Schöne an diesem Beruf, in jedem Alter arbeiten. Rollen gibt es für jeden, in jedem Alter.
Wenn ich ein wenig Beistand hätte, würde ich gerne mal ein Buch über die Schauspielkunst schreiben. Ich liebe solche Bücher. Die Lektüre solcher Bücher hat mir oftmals weitergeholfen. Also, es würde keine Autobiografie sein, das nicht, aber ein Ratgeber halt.
Regie führen? Könnte ich mir grundsätzlich vorstellen, ja. Weniger im Theater jedoch, mehr hinter der Kamera. Vorausgesetzt, man hat ein gutes Team, das behilflich ist, wie Regie-Assistent und vor allem der DoP, das sind die wichtigsten Leute bei so was.“
Über die Zusammenarbeit mit Regisseuren:„Tja, ich hatte wohl meistens großes Glück. Was meiner Meinung nach gar nicht funktioniert, sind Regisseure, die es mit der Brechstange versuchen. Einen Schauspieler anzuschreien oder anzugiften, ist meiner Meinung nach die am aller wenigsten taugliche Methode.
Mit Ron Howard war gut arbeiten. Eine Superzeit hatten wir alle bei ‚Frost/Nixon’, zweifelsohne.
Peter Kosminsky hat mir sehr geholfen, mit dem ich das Vergnügen hatte, sowohl bei ‚Warriors’ als auch bei ‚The Project’ zusammenzuarbeiten.
Es ist manchmal sehr schwierig, Szenen darzustellen. Bei einer Szene von ‚Warriors’ (Pvt. Alan James schreit den Miliz-Führer an, während Tote und Schwerstverletzte von einem LKW abgeladen werden müssen)
musste alles in einem Take gehen, da es schon gleich dunkel wurde. Der Druck war sehr groß, aber wir haben es hingekriegt.
Außerdem war ich vor einer Szene sehr besorgt, ob ich in der Lage sein würde, auf Kommando zu heulen - ‚du bist dran, Matthew, drei, zwei, eins – Action!’, - das war, als wir gefilmt haben, wie der bosnische Junge, den wir geschmuggelt hatten, stirbt. Aber Kosminsky hat es so gut verstanden, uns subtil und regelrecht fürsorglich darauf vorzubereiten, dass mir allein bei dem Gedanken an seine Zuneigung und Fürsorglichkeit automatisch die Tränen kamen.
Stephen Poliakoff ist ein toller Kerl, verrückt, aber toll. Er hatte immer ein blaues Gesicht, weil er an seinem Füllfederhalter rumkaute. Total witzig.
Allerdings hat er es mit den Proben zu ‚Perfect Strangers’ ein wenig übertrieben. Er hat uns drei Wochen lang quasi eingesperrt und alles proben lassen. Nun ja… ein wenig zu viel des Guten, wenn man mich fragt.
Den größten Einfluss hatte sicher Declan Donnellan (Cheek by Jowl) auf mich. Mit ihm und der Truppe habe ich zwei große Welt-Tourneen (‚Duchess of Malfi’ und ‚Much Ado About Nothing’) gemacht, fantastisch!
Außerdem bewundere ich sehr Dominic Cooke (RCT, ‚The Pain and the Itch’), ein sehr strikter, aber toller Regisseur.“
Über Nervosität (Lampenfieber) und wie man damit umgehen kann:„Hmh. Michael Gambon war kalkweiß und hat echt an Händen und Füßen gezittert, bevor wir mit ‚Henry IV’ Premiere hatten.
Ich dachte, die Sache mit dem Lampenfieber würde sich legen, wenn man eine Weile in dem Beruf ist und ich bin echt überrascht sagen zu müssen, dass das klare Gegenteil der Fall ist.
Am besten ist noch, sich auf sein Gegenüber zu konzentrieren, sich klar zu machen, wie dessen Reaktionen, Fragen und Antworten sind. Das funktioniert sogar bei längeren Monologen, man stellt sich dann eben vor, dass man dem Publikum Rede und Antwort zu stehen hat, tritt mit diesem in Interaktion.“
Dies ist nur der erste Teil, ich wollte euch nur nicht zu lange hängen lassen. Es kommt noch ein zweiter Teil von MM!