Ich könnte mir denken, daß Mr. Hale einfach auch Thornton nicht in eine schiefe Lage bringen wollte. Immerhin ist er ein Magistrat und Frederick ein gesuchter Verbrecher. Das würde JT zumindest in einen Gewissenskonflikt bringen und wenn er schweigt, macht er sich sogar noch strafbar!
Meuterei war damals so ziemlich das schwerste Verbrechen, das jemand begehen konnte, weil England eine Seemacht war. Mein Mann hat mir da einige Einblicke gegeben, er hat eine Schwäche für die englische Kriegsmarine des 19. Jh. und alles Drumherum. Da die Schiffe gewöhnlich sehr lange (teilweise Jahre) unterwegs und die Mannschaften nicht immer freiwillig an Bord waren, war Disziplin das oberste Gebot, sonst hätte es dauernd Mord und Totschlag gegeben. Und wenn es denn dazu kam, kannte die Marine kein Pardon, bis die Verantwortlichen gefangen und hingerichtet waren. Die Meuterer von der Bounty hat man jahrelang gejagt, bis man sie endlich erwischt hatte (übrigens war Captain Bligh gar nicht so schlimm gewesen). Und auch Spanien wäre für Frederick kein sicherer Aufenthaltsort mehr, wenn das bekannt würde. Im Buch lebt er ja zur Sicherheit unter einem falschen Namen.
Margaret, die ja wußte, daß Thornton schon einmal für sie sein Amt mißbraucht hatte, hätte ihm nun natürlich vertrauen können. Aber vielleicht hatte sie ja auch Angst, daß er Meuterei nicht mehr so auf die leichte Schulter nehmen und decken würde. Immerhin glaubte sie ja, daß Frederick eigentlich nichts mit Leonards Tod zu tun hatte, und ging wahrscheinlich davon aus, daß das auch Thornton klar war. Aber Meuterei ist ja nun ein ganz anderes Kaliber...
Aber ich finde, statt so groß herumzudrucksen ("the secret is another person's"), hätte sie vielleicht sagen sollen: es war ein Verwandter von mir, über den wir nicht sprechen, und er hat ein Geheimnis, das ich leider nicht preisgeben kann. Dann hätte JT doch zumindest gewußt, daß es sich um einen Verwandten handelte...
Außerdem glaube ich, daß sie es ihm schon erzählt hätte, wenn er nicht gleich gesagt hätte: das interessiert mich nicht. Hätte er ein bißchen mehr nachgefragt - und hätte Mr. Hale nicht so lästig gestört - hätte sie es ihm bestimmt doch erzählt...
Zitat:
Ich denke, sie sagt das zu ihrem Vater, in dem Bewußtsein, das es eine glatte Lüge ist!
Das glaube ich auch. Ich habe der Aussage denselben Stellenwert eingeräumt wie: my foolish passion is over! Ich denke, das diente nur dazu, das Gesicht zu wahren. Außerdem weiß sie doch, wie gern ihr Vater JT hat. Er hätte ihn bestimmt liebend gern als Schwiegersohn gehabt. Wenn sie ihm jetzt erzählt, wie leid es ihr tut, ihn abgewiesen zu haben, erzählt ihr Vater es am Ende JT - ich könnte mir vorstellen, daß Margaret die Vorstellung peinlich wäre.