So, nun mal meine Gedanken zu dem Ganzen:
Ich finde schon, dass du das etwas zu schwarz siehst, Katharina, denn es ist doch oft so, dass man, wenn man länger weg war, heimkommt und plötzlich halt die ganze Verklärung, die man vorher hatte, von einem abfällt, wenn ihr versteht, was ich meine. Bisher war für Margaret Helstone ein Urlaubs- und Traumort, den sie ab und an besuchte und herrlich fand. Nun kommt sie dahin und muss halt feststellen, dass doch nich alles so perfekt ist, dass die Eltern nicht das perfekte Paar sind, für das jedes kleine Mädchen seine Eltern hält und dass es dort niemanden in ihrem Alter gibt.
Mich stören Mrs. Hales Klagen zwar auch, aber ich finde sie ist da ihrer Schwester sehr ähnlich. Beide jammern und klagen ständig und wollen das haben, was ihre Schwester hat, aber in Wirklichkeit glaube ich nicht, dass sie miteinander tauschen würden, hätten sie die Chance dazu. Bei Mrs. Hale spielt aber - so denke ich - das Unglück mit Frederick noch eine größere Rolle, im Gegensatz zu Mrs. Shaw hat sie wirklich Grund zu klagen, auch wenn sie es eindeutig damit übertreibt.
Und ich finde die Ehe der Hales zwar keine gute, aber gegenüber zum Beispiel der Ehe der Bennets herrscht hier zumindest noch so etwas wie Achtung vor dem anderen. Sie haben sich auseinander gelebt, aber ich denke, das an sich ist nichts ungewöhnliches.
Zu Henry: Ich mag ihn eigentlich, zumindest am Anfang. Ich finde im Buch ist das Gespräch mit ihm zu Beginn nicht ganz so offensichtlich als eine Anmache zu verstehen. Irgendwie ist er da doch mehr ironisch und einfach neugierig. Und hier ist er auch intelligent, was für mich im Film überhaupt nicht rauskam. Eigentlich ist er ganz okay, aber wie ihr auch schon erwähnt habt, blitzt bei ihm auch diese starke Orientation an Reichtum hervor und er ist in seinem Sarkasmus auch ab und an sehr herablassend.
Was ich übrigens nicht verstanden habe, ist, dass Margaret im ersten Kapitel zu ihm sagt: ...and besides Aunt doesn´t want us to talk.."
Was soll das denn sagen??? Dass die gute Tante vielleicht gar kein Interesse daran hatte die gute Margaret zu verheiraten oder dass Margaret besser helfen soll als mit Henry reden soll. habt ihr da ne Idee?
Aber zurück zu Henry:
Im dritten Kapitel werde ich nicht schlau aus ihm. Einerseits zeigt er Margaret seine Zuneigung, andererseits ist da nach der Ablehnung ihrerseits vor allem Sarkasmus und gekränkter Stolz. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass er sie mehr besitzen will als dass er sie aus Liebe heiraten will. Versteht ihr, was ich meine? Er kommt so emotionslos rüber, ist aber anderererseits auch nicht gänzlich unerträglich und man hat halb Mitleid mit ihm und halb weiß man nicht, was man von ihm halten soll. Vielleicht redet er sich seine Liebe zu Margaret mehr ein als dass er sie wirklich empfindet. Sie steht intellektuell mit ihm auf einer Stufe, ist hübsch, freundlich und hat zwar kein Geld, ist aber aus einer guten Familie. Also, was will er mehr in einer Gattin?
Naja, ob er sie nun liebt oder nicht, kann ich nicht entscheiden bisher, aber jedenfalls ist seine Zuneigung eine ganz andere als später die von JT und dieser Unterschied wird schon jetzt deutlich, obwohl der wahre held noch nicht aufgetreten ist. Und blutleer, wie ihn jemand hier nannte, passt echt super zu Henry. Das ist es, was mich eigentlich an ihm stört und nicht sein manchmal hervorblitzender Sarkasmus oder seine Überheblichkeit.
Allgemein noch was zu den ersten zwei Kapiteln: Hier geht es viel darum Margaret vorzustellen und zwar an den beiden Orten, an denen sie aufgewachsen ist und die sie beide geprägt haben. Ma sieht, wie Margaret im Haus ihrer Tante zwar einerseits geachtet, aber andererseits nur die zweite Geige spielt und immer herumgeschickt wird. Und man sieht auch, wie es auf Helstone steht, dass ihre Eltern nicht mehr wirklich glücklich miteinander sind, wie es dort Margaret doch langweilig wird. Diese Kapitel dienen also vor allem zur Vorstellung des Hauptcharakters, daher nun noch ein paar Gedanken zu Margaret: Sie ist in gewisser Weise stolz, aber nicht so sehr in Form von Arroganz, sondern mehr stolz auf das, was sie selber ist, als auf das, was sie im Gegensatz zu anderen besitzt oder nicht besitzt, sie hat ein gutes Herz, ist aber andererseits auch etwas engstirnig (siehe Bemerkung mit shoppy people - da musste ich übrigens echt fast losbrüllen vor Lachen.
, Ach, Margaret, du magst keine shoppy people, ich denke, du wirst noch lernen sie zu mögen.
Übrigens könnte man diese Szene auch als eine Andeutung von dem, was nachher Problem des Romans sein wird, verstehen. Es ist echt klasse, wie Elizabeth Gaskell schon hier Margarets Meinung zu Menschen wie JT darlegt ohne dass dieser schon aufgetaucht werde. Und wie beiläufig sie das macht. Kompliment!!! :respekt: )
Dann erfahren wir noch, dass Margaret in Liebesdingen völlig unerfahren ist und dass sie nicht so sehr den Londoner Trubel mag, sondern doch ein weniger luxuriöses und einfacheres Leben vorzieht. Zudem zeichnet sie eine große Loyalität zu den Menschen, die sie liebt aus, so dass sie sogar über deren Fehler hinwegsieht (Edith, Mutter, Tante...).
So, mehr fällt mir jetzt nicht mehr ein, obwohl: Ich muss sagen, diese leicht ironische Art zu schreiben, die Elizabeth Gaskell in den ersten Kapiteln an den Tag legt, die danach aber wegen der vielen tragischen Ereignisse nicht mehr so hervortritt, erinnerte mich schon beim ersten Lesen sehr stark an Austen. Im Gegensatz zu dieser ist aber der Rest ihres Romans viel ernster als die Romane Austens im Allgemeinen, auch wenn auch später immer wieder noch diese Ironie hervorblitzt.
@Doris: Über die indischen Schals habe ich auch nachgedacht, ich vermute, es waren Saris oder etwas in dieser Art, vor allem weil auch die Borten erwähnt werden, die es bei indischen Kleidern vor allem bei Saris gibt. Es wird zumindest aus diesem Stoff gewesen sein, vermute ich, auch wenn sie wohl kaum sieben Meter lang waren... obwohl dann die Szene noch viel lustiger wäre und es auch verständlicher machte, wieso es für den Diener so ein Stress ist immer wieder die Schals herauszuholen.