Die 'Berliner Zeitung' ist in ihrem Urteil bekanntermaßen nicht unabhängig, aber ich finde schon interessant, wie unterschiedlich man ein und dieselbe Review der NYT "ausschlachten" kann.
Zitat:
„Berlin Station“ Geheime Infos an die Redaktion
Von Stefan Strauss 20.07.17, 21:45 Uhr
Der international agierende Whistleblower Thomas Shaw hat seine geheimen Informationen der Berliner Zeitung angeboten, die Redaktion veröffentlicht das brisante Material exklusiv auf ihren Titelseiten, die Geheimdienste jagen den mysteriösen Enthüller durch Berlin. Was für eine abenteuerliche Story! Wie aufregend Journalismus doch sein kann!
So lässt sich in Kürze – und ohne jetzt zu viel von der Geschichte zu verraten – die Handlung der ersten Folge der US-Serie „Berlin Station“ zusammenfassen. Die zehnteilige Agentenserie strahlte der amerikanische Pay-TV-Sender Epix im vergangenen Jahr in den USA aus. Jetzt können Abonnenten des Streaming-Dienstes Netflix „Berlin Station“ auch in deutscher Fassung sehen.
„Berlin Station“ ist ein klassischer Geheimagenten-Krimi: CIA-Analyst Daniel Miller (gespielt von Richard Armitage) wird zur Außenstelle des amerikanischen Geheimdienstes nach Berlin versetzt, er soll Thomas Shaw finden. Die Geheimagenten tragen Sonnenbrillen und gute geschnittene Anzüge, sie sind ständig gehetzt, sie machen zynische und obszöne Bemerkungen, fluchen über diesen Verräter Thomas Shaw, es gibt konspirative Treffen und wilde Verfolgungsjagden mit quietschenden Autoreifen. Und die Handkamera begleitet die Darsteller durch lange Bürogänge und die Redaktionsräume.
Und immer wieder taucht auch der blaue Schriftzug der Berliner Zeitung auf, mal als Titel einer Ausgabe mit einer neuen Enthüllungsstory von Thomas Shaw, mal als Leuchtreklame auf dem Dach des früheren Gebäudes des Berliner Verlages am Alexanderplatz. „Haben Sie heute schon die Berliner Zeitung gelesen?“ fragt der CIA-Chef in Berlin seinen deutschen Kollegen vom Verfassungsschutz beim Treffen im Café.
Spätis und Waschsalons
Die Story klingt erst einmal wenig überraschend, und doch vermittelt die Serie den Zuschauern einen sympathischen Blick auf die Hauptstadt. Denn es geht nicht nur um die schönen und bekannten Touristenorte wie das Brandenburger Tor, den Gendarmenmarkt und den Potsdamer Platz. „Berlin Station“ führt seine Zuschauer auch über Baustellen, zugemüllte Hinterhöfe, mit Graffiti besprühte Häuser, leerstehende und verfallene Gebäude, ebenso in Spätis, Waschsalons und Wohnungen, die kein Innenarchitekt eingerichtet hat, sondern deren Mobiliar bunt zusammengewürfelt aus Second-Hand-Läden zu stammen scheint. Oder von der Straße.
Die Protagonisten der Serie verabreden sich zu geheimen Treffen auf den Resten der Abhörstation auf dem Teufelsberg und auf der windigen Aussichtsplattform eines Hochhauses am Potsdamer Platz. Alles wirkt authentisch und spannungsgeladen, die Orte im Film sind auch die wirklichen Orte.
Berlin Station, also das Berliner CIA-Quartier, wurde laut Drehbuch ins Dachgeschoss der US-Botschaft verlegt, die Büros für die Innenaufnahmen wurden im Studio Babelsberg gebaut: klare, sterile und hell erleuchtete Räume. Etwa ein Viertel der Serie wurde in Babelsberg gedreht, die anderen Szenen an Berliner Originalschauplätzen. Das ist anders als etwa in der US-Agenten-Erfolgsserie Homeland, deren 5. Staffel in Berlin produziert wurde. Mit Originalschauplätzen nahmen es die Amerikaner da nicht so genau. Filmszenen vom sauberen Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg wurden mal eben an eine schmuddelige Ecke in Kreuzberg verlegt hat, samt Straßenschild.
In „Berlin Station“ spielt die Stadt sich selbst. Eine raue, authentische Kulisse, die nicht abschreckend und gekünstelt wirkt, sondern das positive Image der hippen, schrillen Hauptstadt prägt. Lässig, liberal, lasziv und liebevoll. Denn auch CIA-Agenten verbringen gern mal eine Nacht in einem düsteren Berliner Techno-Schuppen inmitten verkleideter Männer in Lederkleidung und mit Perücken sowie nackt tanzender Frauen, bevor die Landesschützer morgens betrunken und völlig abgeranzt in die grelle Morgensonne blinzeln und ins Büro wanken. Sonnenbrille auf und ab ins Büro. Geheimagenten haben schon einen harten Job.
Die New York Times lobte „Berlin Station“ im Oktober 2016 dann auch für die „endlose Vielfalt faszinierender Kulissen“ und für das „exotische Europa-Gefühl“. Die US-amerikanischen Drehbuchautoren lebten während der Dreharbeiten in Berlin. Sie wollten ein Gefühl für die Stadt bekommen, es sollte möglich sein, Szenen spontan umschreiben zu können.
Frau mit klaren Prinzipien
Die Produzenten der Serie drehten die Szenen im Verlagsgebäude und auf dem Gehweg davor. Mitarbeiter des Hauses schauten bei den Dreharbeiten zu. Die deutsche Schauspielerin Victoria Mayer spielt in der Serie die investigative Journalistin der Berliner Zeitung, Ingrid Hollander. Die Schauspielerin beschreibt diese Figur als „Frau voller Wut und Aggression“, diese Kämpfernatur habe sie sehr gereizt.„Diese Frau hat klare Prinzipien, sie ist offensiv und sehr, sehr wütend.“
Zurzeit wird die zweite Staffel der Serie in Berlin gedreht. Denn das US-Publikum verbindet Berlin immer noch mit der Ära des Kalten Krieges, mit Agenten und Spionen. Deshalb wolle man ihnen jetzt das moderne Berlin zeigen, sagen die Produzenten. Auch wenn es in anderen Ländern finanziell günstiger geworden wäre.
http://www.berliner-zeitung.de/berlin/-berlin-station--geheime-infos-an-die-redaktion-28006364Besonders nett ist das erste, bisher unbekannte Foto vom Dreh am 'Haus des Berliner Verlages'.