Corinne und Thomas hatten wohl gegenseitig diese Ortungs-Apps, so dass Tripp "nur" beobachten musste, ob und wann sich seine Nachbarn in Richtung Bahnhof in Bewegung setzen - so weit, so gut. Aber dann darf man nicht weiter logisch nachdenken, weil Tripp weder eine Tarnkappe noch einen Raketenantrieb als Fußgänger vom nächstgelegenen Bahnhof aus haben kann.
Und als der Mega-Hacker und -Techniker wird er auch nicht dargestellt, der das alles mit Trick 17 von zu Hause aus machen kann (und dann sollte man uns auch Tripp vor dem heimischen Bildschirm zeigen, wie er den Erfolg seines Plan beobachtet, nur müsste man das so machen, dass man nicht eindeutig erkennen kann, wer hinter Corinnes Verschwinden steckt).
Hier und an einigen anderen Stellen der Serie darf man einfach nicht tiefer nachdenken. Ich stimme Euch zu, dass der Cast gut ist (nur Mr. Katz und Johannas Assistent sind mir allzu überzeichnet bzw. zu übertrieben), dass Richard gut spielt und dabei erfreulich oft zu beobachten ist, Siobhan Finneran wie immer großartig ist und man alles in allem durch die Serie gut unterhalten wird. Die Serie ist auch besser als das Buch, mit dem ich in vielerlei Hinsicht meine Probleme habe (ist halt das Werk eines Viel- und Schnellschreibers
). So finde ich z.B. in der Serie viel schlüssiger, dass der Stranger Adam (und seinen im Buch nicht existenten Vater Ed) mit der Wahrheit konfrontiert und nicht erpresst, wie alle anderen. Und ich finde auch, dass Chris und ihre Freundin als Zweierteam überzeugender sind als die Gruppe um den Stranger im Buch. Auch die Leiche im Keller als Erklärung dafür, warum Martin Killane partout nicht ausziehen will, hat mich extrem überrascht. Wenn einige dieser Veränderungen auf Richards Konto gehen, dann
Manches ist mir aber auch ein bißchen zu viel an Geheimnissen und Katastrophen, z.B. das auch noch sämtliche Teenager in irgendetwas verstrickt sind oder das Katz Tochter nicht nur krank, sondern auch gleich noch Opfer ihrer Mutter mit Münchhausen Syndrom ist. Und - mit Verlaub - Adam Price ist kein ordinary man in einer durchschnittlichen englischen Mittelstandswelt (dafür ist die Zahl der außergewöhnlichen Ereignisse dann doch zu hoch, herrscht allzu viel Glanz und wird zu wenig Alltägliches gezeigt). Beim Drehen konnten die Macher außerdem einmal mehr nicht widerstehen, Richards Physis und Fitness einzusetzen. Gut für uns, aber ich wage doch zu bezweifeln, dass ein durchschnittlicher joggender Familienvater dermaßen nachhaltig dem Stranger zwischen den Güterzügen nachsetzen kann.
Lucas, John P. und Daniel lassen da grüßen.
Meine beiden Hauptprobleme, die ich bereits mit dem Buch hatte, löst leider auch die Serie nicht: Mir scheint das Geheimnis von Corinne, im Vergleich zu den anderen, die der Stranger aufdeckt, recht dürftig, um in diese Katastrophe zu führen bzw. um zu verhindern, dass die beiden sich nicht noch am selben Abend aussprechen. Und warum erzählt Corinne Adam nicht bereits vorher von den Unregelmäßigkeiten in der Vereinskasse, spätestens aber im Anschluss an seine Konfrontation? Ihre - gegenseitig verheimlichte und unaufgearbeitete - Ehekrise liegt doch schon einige Zeit zurück und der Verein hat damit ja auch nichts zu tun (was anders wäre, wenn Adams Kollegin die wäre, die das Geld hinterzieht).
Zudem bin ich mit dem Schluss nicht glücklich, weder mit dem im Buch, noch mit dem in der Serie. Ich habe Zweifel, dass das im Kontext der modernen Forensik klappen würde und auch das Johanna das, trotz ihres Verständnisses für Adam, mitmachen würde, auch wenn ich den Dreh letztlich nicht schlecht finde, dass die ständig beschworene Notwendigkeit zur Wahrheit in ein Mega-Geheimnis mündet, denn das regt zum Nachdenken an.
In diesem Zusammenhang finde ich z. B. auch Adams Versuch bedenkenswert, die Situation bei der Preisverleihung durch Lügen zu retten. Denn sind wir mal ganz ehrlich,
so ganz ohne kleine Flunkereien würde das soziale Miteinander nicht funktionieren. (Wer sagt schon: Du siehst heute aber schlecht aus.
) In dieser Hinsicht regt die Serie zum Nachdenken und Diskutieren an und ist nicht sooo... schlecht. Nur die volle Punktzahl kann ich persönlich ihr leider nicht geben.