Aua, aua, aua, aua ...
Der 'Tagesspiegel' zeigt sich leider einmal mehr von seiner journalistisch schlechtesten Seite. Sehr geehrte Frau Peiz, die Aktion von Frau Delpy war bitterer Ernst und fand auch tatsächlich statt, denn es gibt Bilder und Clips davon. Vielleicht wäre der Gang zum Optiker sowie die Nutzung einer Internet-Suchmaschine hilfreich? In Abwandlung eines Boardthreads: Was ist nur aus unserem schönen 'Tagesspiegel' geworden???
Zitat:
Europäischer Filmpreis Das Problem mit dem Duzen
Bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises dominieren die Kinonationen aus dem Osten.
Christiane Peitz
Er hoffe, sein Land sei ein Teil von Europa, hatte der Pole Krzysztof Kieslowski bei der allerersten Verleihung der Europäischen Filmpreise gesagt. Der berühmt gewordene Satz erfährt im 30. Jahr der European Film Academy ein deutliches Echo. Gleich drei Auszeichnungen gehen bei der Jubiläumsgala wieder nach Polen.
In ein Land, in dem die Euro-Gala in Breslau 2016 zur politischen Manifestation gegen die Demokratur der PiS-Regierung wurde. In ein Land, in dem Anna Zamecka in ihrem jetzt preisgekrönten Dokumentarfilm „Communion“ eine 14-Jährige porträtiert, die die Kommunionsfeier für den Bruder auf die Beine stellen und ihre zerrüttete Familie wieder zusammenbringen will. Die auf sich gestellten Kinder – nicht nur ein polnisches Thema. Gewonnen hat bei der Gala am Samstag im Haus der Berliner Festspiele auch die Kostümbildnerin Katarzyna Lewinska; der Animationsfilmpreis ging an „Loving Vincent“ von Dorota Kobiela (gemeinsam mit ihrem Regie- und Lebenspartner Hugh Welchman), eine Hommage auch an Polens große Zeichentricktradition.
Europa fällt wieder auseinander
Der Filmpreis war 1988 ins Leben gerufen worden, um den kulturellen Zusammenhalt des vom Eisernen Vorhang geteilten Kontinents zu beschwören. Die Geschichte bewegt sich im Kreis: Heute fällt Europa wieder auseinander, und der Appell ist erneut bitter nötig. Von Respekt, Verantwortung, Solidarität und Freiheit ist traditionell viel die Rede bei den Galas. Die so persönliche wie präsidiale Europa-Verteidigung von Wim Wenders sorgt auch diesmal für Mucksmäuschenstille im Saal. Es geht bei diesem Preis ja nicht um Vermarktungsförderung wie bei den Oscars, sondern um die Selbstbehauptung einer schon wegen der Sprachbarrieren disparaten Kulturlandschaft.
Eine Geste, die den Blick nicht nur auf Schweden und Ruben Östlunds sechs Preise (Rekord!) abräumende Kunstsatire „The Square“ lenkt, sondern vor allem Richtung Osten. Polen, Russland, Ungarn, Serbien, sie alle liegen in Europa, so die Quintessenz dieser Jubiläumsgala. Die westlichen Kinonationen sind in diesem Jahr weitgehend abgehängt, Deutschland kann sich mit Maria Schrader immerhin über den Publikumspreis für ihr Stefan-Zweig-Biopic „Vor der Morgenröte“ freuen. Hochverdient – und die schönste Überraschung des Abends.
Filme sind eine gefährliche Waffe
Da ist die großartige Schauspielerin Aleksandra Borbély aus „Körper und Seele“, die bei den Darstellerinnen Isabelle Huppert und Juliette Binoche aussticht. Oder der aus Jugoslawien stammende Produzent Cedomir Kolar, der den Koproduktionspreis erhält. Oder der seit 2014 in Moskau inhaftierte ukrainische Filmemacher Oleg Sentsov – eine traurige Tradition, dass die Academy nun schon zum vierten Mal seine Freilassung anmahnen muss. Und da ist der Russe Alexander Sokurow, der seinen Ehrenpreis mit eigentümlich pessimistischen Worten entgegennimmt.
Sein Leben lang habe er nach einer filmischen Sprache gesucht, sagt der Regisseur in Berlin. Filme könnten zur gefährlichen Waffe werden, sie seien nur selten Kunst oder ein humanitärer Akt. Seine xenophoben Äußerungen von 2015 über Flüchtlinge, die die europäischen Werte gefährden, haben die Academy offenbar nicht irritiert. Ja, die Kunst ist autonom, und vielleicht wirkt es sogar aufrüttelnd, dass Sokurow die Familienatmosphäre in Berlin ein wenig stört.
Im Programmheft zur Verleihung sind die Stars und großen Namen der letzten 30 Jahre mit Vornamen verzeichnet: Theo, Aki, Gianni, Ken, Lars, Pedro, Catherine, Isabelle, Wolfgang, Michael, Maren und viele andere. Man kennt sich. Sokurow macht klar, so einfach ist es mit dem Duzen dann doch nicht.
Das andere politische Großthema: die MeToo-Debatte. Vier gestandene Produzentinnen aus England, Polen, Rumänien und Schweden stehen auf der Bühne, fassen sich an den Händen und ermuntern zum kollektiven Widerstand gegen den strukturellen Sexismus. Womit wir bei den Frauen wären. Sie gewinnen 6,5 der insgesamt 22 Preise, knapp 30 Prozent, keine schlechte, aber auch keine überragende Quote.
Wo bleiben die Großregisseurinnen?
Die Ausbeute vermittelt ein schiefes Gesamtbild: Präsident Wenders, Sokurow, Kolar und der Abräumer Ruben Östlund – trotz Vorstandschefin Agnieszka Holland, trotz Geschäftsführerin Marion Döhring hinterlässt die European Film Academy den Eindruck, dass die wahren Meister eben doch die Männer sind. Frauen, klar, sind im Kommen, sie kämpfen tapfer und mit begeisternder Leidenschaft. Eine urkomische Nummer, wenn Julie Delpy statt einer Dankesrede für den kleineren Ehrenpreis einen Hilferuf zur Restfinanzierung ihres nächsten Films inszeniert und sich selbst per Tombola als Hauptgewinn anbietet, als Frühstückspartnerin am nächsten Morgen. Hinterher, bei der Afterparty, ist sie mit ihren Losen übrigens nirgends zu sehen.
Frauen als Hauptgewinnerinnen? In 30 Jahren haben gerade mal fünf den Lebenswerk-Preis erhalten, davon nur eine Regisseurin, Agnès Varda. Maren Ade, mit „Toni Erdmann“ 2016 die Abräumerin, bleibt vorerst eine Ausnahme. Wie viel angemessener wäre es gewesen, wenn der beste Film 2017, Ildíko Enyedis meisterlich stilisiertes Melodram „Körper und Seele“, sich die Ehre mit „The Square“ geteilt hätte. Ein Preis fürs beste Drama, einer in der Kategorie Komödie, hier eine magische Liebesgeschichte, da die sarkastische Abrechnung mit den Alphatieren der Kunstszene. Aber so könnte nur eine Jury abwägen. Die anonymen Wahlkreuze von 3400 wahlberechtigten Academy-Mitgliedern entfalten eine andere, eher Zufällen und Launen geschuldete Dynamik. In der Kunst, und nur da, hat Demokratie manchmal nichts zu suchen.
http://www.tagesspiegel.de/kultur/europaeischer-filmpreis-das-problem-mit-dem-duzen/20693648.htmlAndere haben offenbar verstanden:
Zitat:
Europa ist die Lösung
Das Wiedererstarken des Nationalismus war auch Thema auf dem 30. Jubiläum des Europäischen Filmpreises. Die Filmszene Polens hat es besonders schwer.
BERLIN taz | Mit etwas Glück hätte man mit Julie Delpy frühstücken können! Croissants und Café au lait wahrscheinlich, vielleicht auch ein Glas Champagner. Im Frühstücksraum des „Sofitels“ am Sonntagmorgen, einen Tag, nachdem die französische Schauspielerin und Regisseurin bei den 30. Europäischen Filmpreisen ihren „European Achievement in World Cinema Award“ verliehen bekam.
Delpy hatte dieses Frühstück nämlich verlost, mit einer eigens zur Dankesrede ausgepackten Losrolle: „Ich brauche noch 600.000 Dollar für meinen nächsten Film und werde heute Abend auf der Party Lose verkaufen“, sagte sie auf der Bühne, breitbeinig, den namenlosen Preis wie ein Amazonenschwert auf die Hüfte gestemmt – einen Award, den sie „für das Überleben in diesem Business“ bekäme. Dass das schwierig ist mit dem Überleben, wurde nicht erst durch die proaktive und persönliche Funding-Aktion klar. Monetär war für sie zwar auch am Ende der Party, nach dem Losverkauf, die Kuh noch lange nicht vom Eis, aber die Dringlichkeit wurde deutlich: Der europäische Film hatte und hat es nicht leicht.
Im 30. Jahr nach Gründung der Europäischen Filmakademie (Efa) ist Europa gewaltig nach rechts gerückt. „Das Monster Nationalismus“, so bezeichnete der Efa-Präsident und Ko-Gründer Wim Wenders die Entwicklung in einer so besorgten wie emotionalen Begrüßungsansprache, „von dem wir dachten, wir hätten es längst beerdigt“. Unter dem Applaus der Gäste im Haus der Berliner Festspiele beschwor er das „europäische Versprechen“, denn: „Europa ist nicht das Problem, sondern die Lösung!“
Und dabei geht es den nationalen FilmemacherInnen noch vergleichsweise gut, im Gegensatz zum Beispiel zum legendären Filmland Polen, in dem das freie Filmemachen immer stärker von staatlicher Zensur geplagt wird, und aus dem das großartige, an der Grenze zum Spielfilm agierende Drama „Komunia“ (Kommunion) von Anna Zamecka stammt, das als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde: „Ich wünsche uns allen, dass wir diese Freiheit nicht als gegeben hinnehmen“, sagte die junge Regisseurin in ihrer Dankesrede.
Was den Geschmack angeht, sind die EuropäerInnen tatsächlich erstaunlich oft einer Meinung
Der wunderschöne polnische Film „Ida“, der vor drei Jahren fast sämtliche Auszeichnungen abräumte und in dem das Drama sich – wie in „Komunia“ – aus dem Christentum entwickelt, wurde an dem Abend noch öfter als Vergleich hinzugezogen, genau wie „Toni Erdmann“, auf den sich im letzten Jahr die Mitglieder der Akademie ebenfalls fast in jeder wichtigen Rubrik einigten: Was den Geschmack angeht, sind die EuropäerInnen anscheinend tatsächlich erstaunlich oft einer Meinung.
In diesem Jahr war es nämlich die schwarze Komödie „The Square“ aus Schweden, die die Preise für den besten Film, die beste Comedy, das beste Drehbuch, den besten Regisseur und den besten Schauspieler mitnehmen konnte. Einerseits berechtigt, andererseits fragt man sich bei einem solchen Mono-Preisregen immer, ob der so üppig beklatschte Film dann nicht auf ein zu hohes und seine Konkurrenz auf ein zu niedriges Podest gehievt wird. Aber so ist es mit der Preisfindung durch eine große Gruppe, die nicht zusammen und nicht zeitgleich entscheidet – Diskussionen können nicht stattfinden.
Immerhin hatten sich die europäischen ZuschauerInnen auf Maria Schraders beeindruckendes Kabinettstückchen „Stefan Zweig – Vor der Morgenröte“ geeinigt und damit gezeigt, dass sie einen in sieben Sprachen gedrehten, formal bestechend gradlinigen Film zu goutieren wissen: Er gewann den „People’s Choice Award“.
Ansonsten widmete Moderator Thomas Hermanns die Veranstaltung gleich zu Anfang mit einer ulkigen Tanz-und-Touch-Nummer dem Thema des Jahres #MeToo. Schließlich war es die Filmbranche, in der sich Betroffene zuerst geäußert hatten. Aber wie immer imitiert Film natürlich nur das Leben.
http://www.taz.de/Europaeischer-Filmpreis-2017/!5465032/Und dann gibt es noch welche, die haben recherchiert und mit Julie Delphy gesprochen. Und da stimmen dann auch alle Angaben zum Film:
Zitat:
Julie Delpy sieht sich in Hollywood diskriminiert
Regisseurin und Schauspielerin wurde vorgeworfen zu emotional und daher nicht vertrauenswürdig zu sein / Künstlerin für »Europäischen Beitrag zum Weltkino« gewürdigt
Von Katharina Dockhorn 10.12.2017
Die französisch-US-amerikanische Regisseurin und Schauspielerin Julie Delpy muss neue Investoren für die Finanzierung ihres Filmprojekts »My Zoe« finden. Interessenten haben sich laut Delpy zurückgezogen, nachdem ein Anwalt der 47-Jährigen in einem Meeting ins Gesicht gesagt habe, sie sei zu emotional und daher nicht vertrauenswürdig. »Das ist rassistisch und sexistisch«, empörte sich Delpy im Gespräch mit »nd«.
Frauen würden in Hollywood als unberechenbar dargestellt. Es heiße pauschal, sie könnten nicht mit Geld umgehen und überzögen die Drehzeit, sagte Delpy am Freitag in einem Gespräch vor der Verleihung der Europäischen Filmpreise in Berlin. Die Darstellerin (»Before Sunrise«, »Before Sunset«) und Regisseurin (»2 Tage Paris«, »Familientreffen mit Hindernissen«, »Lolo – Drei ist einer zu viel«) wurde am Samstag für ihren »Europäischen Beitrag zum Weltkino« gewürdigt.
Für Delpy ist »My Zoe« der sechste Film. Erstmals will die Komödienspezialistin ein Drama inszenieren. Das Drehbuch hat sie selbst geschrieben. »Die erste Inspiration stammt von Krzysztof Kieślowski, die Idee ließ mich jahrelang nicht los. Nach der Geburt meines Sohnes und des Todes meiner Mutter an, die zeitlich nur drei Wochen auseinander lagen, nahm das Buch Gestalt an.«
In der kommenden Woche wollte Delpy in Berlin mit den Vorbereitungen beginnen. Richard Armitage und sie selbst sollen in »My Zoe« ein Ex-Paar spielen, das sich das Sorgerecht für Tochter Zoe teilt. Nach einer unerwarteten Tragödie nimmt die Mutter das Schicksal des Kindes in die eigenen Hände. Gemma Arterton und Daniel Brühl hatten für Nebenrollen zugesagt.
Brühl ist zudem mit seiner Firma Amusement Park Films einer der Produzenten des britisch-amerikanischen Projekts. Durch die plötzliche Absage aus den USA fehlten 20 Prozent des Budgets, die Delpy nun mühsam zusammenkratzen muss.
»Solange sich solche Vorurteile halten, wird sich an der Benachteiligung und Diskriminierung von Frauen nichts ändern«, so Delpy. Nur vier Prozent der US-amerikanischen Filme werden von Frauen inszeniert, obwohl 50 Prozent der Regieabsolventinnen Frauen sind. »Wo sind all diese Talente hin? Ihre Karrieren werden von Männern zerstört, oft kleinen Lichtern, die ihre Macht missbrauchen. Solange sich die rassistischen Vorurteile gegenüber Frauen halten, ändert sich nichts an der Situation für Regisseurinnen in den USA.« In Europa dagegen habe sich die Lage in den letzten beiden Jahrzehnten verbessert, so Delpy. Sie hofft, dass ihr der Europäische Filmpreis die Finanzierung künftiger Filme erleichtern wird.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1072808.frauen-im-filmgeschaeft-julie-delpy-sieht-sich-in-hollywood-diskriminiert.htmlDass ich mich in meinem Leben einmal so wohlwollend über einen Artikel im 'Neuen Deutschland' äußere, hätte ich nicht für möglich gehalten.
Wohin einen Richard so bringt!