Es war vielleicht gut, vielleicht auch nicht, dass ich darüber eine Runde geschlafen habe!
Ich schätze mich trotz meiner MM-Passion als recht objektiv ein, wenn es an das Besprechen seiner Filme geht. Ich habe immer auch negative Seiten (sofern es welche gab
) angesprochen und werde mich nicht scheuen, dies weiterhin zu tun, so auch hier.
Glücklicherweise stellt sich hier aber der Unterhaltungswert deutlich über die Schwachpunkte und deswegen kann ich sagen, dass ich den Film mag, da ich mich außerordentlich gut unterhalten gefühlt habe. Auch gab es trotz vieler Preview-Clips, die einiges vorweggenommen haben, durchaus überraschenden Momente, was ich sehr schön fand.
ACHTUNG - HIER KOMMEN VIELE SPOILER!!! Wer den Film unvoreingenommen sehen möchte, sollte besser NICHT weiterlesen!...
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Gut waren: - Die doch überraschend große Screentime von MM als Athos, was natürlich ein Fan-Herz höher schlagen lässt.
- Ebenfalls eine nette und überraschende Dreingabe war, dass Athos in der Eröffnungs-Szene Milady zweimal küsste.
- Die Handlung war doch in weiten Teilen enger an Dumas' Story angelehnt als zunächst gedacht. Nur dass man diesmal mit vielen "Spielzeuge" und Gadgets aufgefüllt hat.
- Die große Duellszene (vier gegen vierzig), wo man in den Vorschauen nur etwa 25 % der gesamten Sache gesehen hat. Athos geht großartig mit dem Degen um und er hat die einzige, wunderbar gewählte Zeitlupen-Einstellung in der gesamten Szene! Toll anzuschauen.
- Die großartigen Drehorte! Als jemand, der selbst einige davon besucht hat, fühlt man da ganz stark mit. Und obwohl ich das große Privileg hatte, für einen Tag in Würzburg dabei sein zu dürfen, konnte ich erst jetzt im fertigen Film so einige der Puzzleteilchen endgültig zusammensetzen und kombinieren, da ich dort natürlich nur Fragmente beim Dreh zu sehen bekam. Ein paar spezielle Szenen dann auf der großen Leinwand zu sehen, hat mir tatsächlich die Tränen in die Augen getrieben, da ich dazu einen sehr persönlichen Bezug habe. Das Spitzentaschentuch von Milady, das uns der Spitzenklöppler in Bamberg gezeigt hat, nun als Requisit zu sehen, war auch einfach irre.
- Die Luftschiffe und weitere Anachronismen haben mich wenig gestört. Ausnahme: Zweites Luftschiff, dazu mehr unter den negativen Punkten.
- MM war bestechend als Athos und ich habe in einigen Szenen mit ihm sehr mitgelitten. Vor allem bei den Vorgängen, die auf Schloss Weissenstein gedreht wurden (
) und dann auf dem Luftschiff, als er am Abzug der Pistole war...
- Fast genauso eine Offenbarung war RS als Porthos!
- CW als Richelieu, klassisch gut und gewohnt stark.
- End credits: MM's Name an dritter Stelle, nach Logan Lerman und Milla Jovovich
Negatives: - Leider war der 3D Effekt nicht durchgängig gleichmäßig. Mal war er sehr gut vorhanden und dann wieder fast gar nicht, bzw. verschwand nahezu gänzlich.
- Charaktere wie Cagliostro (Til Schweiger
), und auch Planchet hätte man von mir aus gerne weglassen können, sie waren kaum von Nutzen und nur dazu da, eine Art gekünstelten Humor einzubauen, der nicht echt und nicht aufrichtig rüberkam. Da Cagliostro aber direkt mit Porthos interagierte, drücke ich da mal beide Augen zu....
- MJ war einfach nur anstrengend. Sie ist keine gute Schauspielerin, auch wenn sie sich hier redlich Mühe gab, wirkte sie stets wie ein steifes Püppchen, das man krampfhaft versuchte, gut in Szene zu setzen. Einer der Fehler von Anderson, was aber zu erwarten war.
- Zu meiner Überraschung blieb LE als Aramis ein gutes Stück hinter seinen Musketier-Kollegen zurück. Er konnte dem Charakter kaum seinen Stempel aufdrücken, was ich aber teils auf Dinge zurückführe, auf die ich noch zu sprechen komme.
- Alle Actionszenen mit MJ drin waren für mich ein klares No go.
Ob es sich um die Szene mit den fliegenden Projektilen in den venzianischen Gewölben ("Indiana Jones" lässt grüßen), der Kampf auf dem Palastdach mit den Wachen (Zeitlupe Korsage-Kostümrock-Sprung) oder den Sprung vom Dach hinunter auf den Balkon der Königin handelte, um dort dann die Juwelen aus deren Schatzkammer zu stehlen ("Verlockende Falle" mit Sean Connery und Catherine Zeta-Jones), es ging Paul W.S. Anderson nur darum, billig die genannten Filme zu kopieren und seine Frau ins rechte Licht zu rücken und damit dem Zuschauer die Wichtigkeit ihrer Rolle zu suggerieren.
- Das zweite, große Luftschiff ("Pirates of the Caribbean", Black Pearl Stil).
Wie kann man denn sowas in nur fünf Tagen bauen, hä?
- Die meisten CGI's haben mMn nicht gepasst. Paris hat jedes Mal irgendwie anders ausgeschaut, es war keine klare Linie, kein Konzept ersichtlich. Lediglich ein Sammelsurium von Bildern, die man einfach so reingeschustert hat. Ziemlich merkwürdig, das Ganze. Vor allem mochte ich die Zusätze zur Rathausbrücke von Bamberg nicht, diese Gebäude sahen fürchterlich unpassend aus.
- Leider haben sowohl Anderson als auch Glen MacPherson (DoP) beim Kampf zwischen D'Artagnan und Rochefort auf dem Dach von NotreDame in meinen Augen keine gute Arbeit abgeliefert. Die Perspektiven war schlecht dargestellt, das 3D sah teils ziemlich stümperhaft aus und ich hatte den Eindruck, dass man da mit dem Greenscreen nicht ganz klar gekommen war.
- Anderson hat sich wacker geschlagen, da es sein Erstlingswerk in diesem Genre ist, bin ich zu Kompromissen bereit und verzeihe ihm einige Schnitzer. Dennoch merkt man sehr schnell, dass er ein bisschen überfordert war, er ließ viele Figuren eher in Videospiel-Manier agieren, er verlieh den Sachen kaum Tiefe und Plastizität, und hätte er nicht Darsteller wie Waltz, Bloom und MM gehabt, die selbst für eine gewisse Charakter-Entwicklung und -präsenz gesorgt hätten, wäre die Sache übel ausgegangen. Deswegen war man auch von Seiten Constantin Film so bemüht, Charakter-Poster und Background-Infos herauszugeben, um über dieses Manko hinwegzutäuschen. Das ist ein nobler Zug und ich erkenne es an, doch erreichen diese Infos (z.B. über Presse, die diese Inhalte kaum in aller Breite weitergibt) nur selten den durchschnittlichen Zuschauer im Kino. Der wird dumm gelassen und wundert sich.
Anderson kann alles bei einer Fortsetzung besser machen und darauf baut sich meine Hoffnung!
Natürlich empfehle ich, sich diesen Film anzusehen, weil er ganz einfach unterhaltsam und kurzweilig ist. Man spürt überdies, dass MM (und andere) ihren Spaß beim Dreh hatten, dass sie gerne mit dabei gewesen sind und sich mal durch einen actionreichen Mantel-und-Degen-Film fechten konnten. In diesem Sinne - en garde!